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Pjotr Iljitsch Tschaikowsky – Eugen Onegin
Lyrische Szenen in drei Akten
Inhaltsangabe:
1.Akt
1.Bild
Ein Gutshaus irgendwo draußen auf dem russischen Lande.
Es ist einherrlich-ländliches Idyll, das wir erleben. Die alte Gutsbesitzerin und
Dame des Hauses, Witwe Larina, ihre beiden Töchter – die verträumte Leseratte
Tatjana und die etwas lebenslustigere Olga. Dazu noch die Amme Filipjewna,
ein paar Bauern die im Vorbeigehen fröhlich grüßen und fertig ist die Skizze des friedliche
vor sich hin plätschernden Landlebens. Die Töchter singen gemeinsam süß-traurige
Romanzen und träumen von der großen Liebe. Es ist nahezu zu perfekt, wie das Leben als
ruhiger Fluß vor sich hin mäandert. Auch musikalisch: die erste Szene ist von einer
simplen Folklore geprägt, die so harmlos in ariosem Sprechgesang am Publikum vorbeizieht,
dass man fast gelangweilt wäre – wenn der lose Musikstrang, nur von einzelnen
geschlossenen Nummern unterbrochen, nicht so träumerisch schön wäre...
Ein raffinierter Trick, mit dem Tchaikovsky arbeitet: Im Grunde passiert nämlich –
auch musikalisch – erstmal gar nichts. Alles ist hübsch und romantisch, aber ereignislos.
Fast nebenbei lernt die arg romantisch-verträumte Tatjana den Städter Onegin
kennen, da spült die weiche Musik das Publikum schon weiter. Ein perfekter tag auf dem Land.
Der Trick an der Sache: Tchaikovsky übernimmt seine Figur Eugen Onegin aus dem
gleichnamigen Roman in Versform des russischen Dichters Alexander Puschkin.
Insgesamt hat das Opern-Libretto nur die Rahmenhandlung mit Puschkins legendärem
Versepos gemein: Puschkin skizziert Onegin als „überflüssigen Menschen“ .
Dieses Wort sagt im Grunde schon alles. Eugen Onegin ist ein arroganter Städter,
der sich von den Konventionen und zwanghaften Handlungsräumen, die ihm
die Gesellschaft vorgibt, eingeengt und angeödet fühlt. Tagsüber den „Geschäften“
nachgehen, abends sich auf irgendwelchen Festen in den Salons der feinen
Gesellschaft langweilen. Da erbt er überraschend ein Gut auf dem Land und flieht
sozusagen vor der Stadt auf das ländliche Idyll. Aber, Überraschung, der arrogante Schnösel
findet auch hier das Leben erdrückend fad.
Diese Vorgeschichte muss man sich in der Opern-Fassung dazudenken. Wir lernen in Tchaikovskys Werk
den gelangweilten Onegin erst kennen, als er mit seinem freund dem Dichter Lenski auf dem
Hof von Tatjana und Olga erscheint. Lenski ist mit Olga verlobt und versucht, Eugen Onegin sozusagen
mit Tatjana zu „verkuppeln“. Um ehrlich zu sein macht er sie nur miteinander bekannt.
Aber da sowohl die immerzu in romantischen Büchern versunkene Tatjana, als auch der
dauergenervte Eugen ja so absolut gar nichts mit ihrem Leben anzufangen wissen, reicht das
schon, um ein Liebespaar zu erschaffen. Sie sehen sich und Tatjana verfällt dem –
etwas rauen – Charme des Onegin.
Da beide Figuren weniger im echten Leben stehen als vielmehr in Träumerein leben,
ist es einfach sie zueinander zu bringen. Aber man ahnt es schon: Aufgrund dieser träumerischen,
„überflüssigen“ Lebenseinstellung ist die Ent-Täuschung am Ende der Oper absehbar und notwendig.
2. Bild
In Tatjanas Zimmer, in der folgenden Nacht: Die „Briefszene“
Die Begegnung mit dem Dandy Onegin hat Tatjana verzückt. Man muß verstehen, wie viele
Edelmänner Tatjana sonst so in ihrem ländlichen Idyll trifft. Es dürften nicht gerade viele sein.
Also liebt sie ihn, projeziiert in ihn alle die Heldenfiguren aus ihren romantischen Büchern.
Sie bittet die Amme Filipjewna von ihrer ersten Liebe zu erzählen. Aber die alte Amme
kann nur von ihrer Zwangshochzeit berichten. Nunja, nicht gerade Tatjanas Ideal. Also beschließt sie,
selber aktiv zu werden und Onegin einen Liebesbrief zu schreiben. Für damalige
gesellschaftliche Gepflogenheiten ein riskantes Unterfangen, so was „gehört sich nicht“
für eine feine, anständige Dame.
Die gesamte Szene wird von Tatjanas Gesang getragen, der ihre seelische Aufgewühltheit
perfekt wiedergibt: Ihr Sopran klettert mal an-, mal abschwellend, in die Täler der
Unsicherheit, stoßweise erregt, dann wieder siegsessicher und voll ausschwingend in entrückte Höhen.
3.Bild
In einem entlegenen Gartenteil des Anwesens
Tatjana hat Onegin den Brief überbringen lassen. Nun wartet sie mit bangem Herzen auf ihn.
Wird er kommen? Was wird er sagen? Er kommt. Und ist, ganz der gelangweilte Dandy,
arrogant-zurückweisend: Er brauche und suche keine Liebe. Und wegen seiner eher unsteten
Art fühle er sich für eine Ehe völlig ungeeignet.
Im Grunde der Vorläufer jeder klassischen Abfuhr: „Du, es liegt wirklich nicht an Dir,
Du bist super, aber ich bin grad nicht soweit für eine Beziehung...“
Tatjana ist (wer errät es): Am Boden zerstört.
2.Akt
1.Bild
Festsaal im Hause Larina
Es wird Tatjanas Namenstag gefeiert.
Die Gäste freuen sich über die willkommene Abwechslung im sonst eher faden Alltag,
wieder das allseits präsente Grundmotiv der handelnden Personen.
Auch Onegin ist vor Ort, langweilt sich aber mächtig und ist deswegen böse auf seinen
Freund Lenski, der ihn überredet hatte, zu diesem Ball mitzukommen.
Aus Rache beschließt Onegin, ein bisschen mit der Verlobten des Lenski Olga zu flirten
(also mit Tatjanas Schwester). Er fordert sie mehrfach zum Tanz auf, sie spielt kokett-naiv
das Spiel mit, begleitet vom Getuschel der Gäste. Als Lenski seiner Olga deswegen eine
kleine Szene macht – alles im damals üblichen vornehmen Rahmen, heute im 21. Jahrhundert
würde so eine Eifersuchts-Szene wohl drastischer ausfallen – macht sich Olga noch
über ihn lustig und tanzt weiter mit Onegin. Als Onegin seinen freund Lesnki nach dem Grund
für seine schlechte Laune fragt, überschüttet dieser ihn mit vorwürfen. Der Streit eskaliert
und Lenski fordert Onegin zum Duell auf!
2. Bild
Auf einem Feld im Morgengrauen
Lenski hat das große Drama losgetreten. Nun steht er hier und wartet auf seinen
besten Freund Onegin. einer von beiden wird sterben... Düstere Vorahnungen bewegen
Lenski zu einer herzerreißend schönen Arie, in der er sich der schönen tage seines
jungen Lebens erinnert. Man möchte als Zuschauer einschreiten und den beiden Freunden
helfen, sich zu versöhnen. Aber es ist zu spät, sie stehen sich als Gegner gegenüber.
Beide wissen, dass das Duell unsinnig ist, aber keiner von beiden findet den Mut oder die
Worte, das Ganze abzublasen. wie konnte das alles nur so weit kommen?
Onegins Schuß tötet seinen Freund.
3.Akt
1.Bild
Jahre später, im Ballsaal des reichen Fürsten Gremin in St. Petersburg
Onegin kehrt nach vielen ratslosen reisen im Ausland nach St. Petersburg zurück.
Das Duell, der „Mord“ an Lenski lässt ihn nicht mehr los. Er ist depressiv,
verzweifelt, gejagt von der inneren Leere, die er sich selber mit dem tödlichen Schuß
beigefügt hat. Da betritt die schöne Ehefrau des Fürsten Gremin den Saal.
Es ist Tatjana!
Onegin ist wie berückt. Der ahnungslose Fürst stellt die beiden einander vor und erzählt,
wie glücklich er mit der deutlich jüngeren Tatjana ist. Nun, wo aus dem
verträumten Teenager von einst eine schöne, elegante Fürstin geworden ist,
meint Onegin sie unsterblich zu lieben.
2. Bild
Im Empfangszimmer des Fürsten Gremin
Onegin bedrängt Tatjana, offenbart seine plötzliche Liebe zu ihr. Sie gibt sich aber distanziert
und erinnert ihn daran, wie er sie einst rüde zurückgewiesen hat. Mit der Frage
konfrontiert, ob es nicht eher ihre neue Stellung sei, die ihn beeindrucke, sagt Onegin aber,
er liebe sie nun tief und aufrichtig. Auch Tatjana gesteht, ihn immer noch zu lieben,
ihn immer geliebt zu haben. Doch zu spät: Sie ist verheiratet und bleibe ihrem Ehemann treu.
Onegin versucht sie umzustimmen, mit ihm zu fliehen, doch Tatjana reißt sich los und
rauscht aus dem Zimmer. Seinen letzten Aufschrei „Du bist Mein!“ hört sie nicht mehr...
Zurück bleibt ein Eugen Onegin, der endgültig jeden Sinn in seinem Leben verloren hat.
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